Coden lernen an Schulen – so geht’s

So einfach lässt sich Programmieren in den Unterricht einbinden

Eine kleine Schildkröte huscht über den Bildschirm und zieht eine schwarze Linie hinter sich her. Auf dem Monitor ihres Computers tippen die beiden elfjährigen Schülerinnen Befehle wie „turtle-> forward (100), turtle -> right turn (90)“. Mit den Kommandos der Programmiersprache Logo steuern die Teenager die virtuellen Tierchen. Heraus kommen grafische Zeichnungen und aufwendige Formen.

Jutta Schneider, Projektleiterin der Initiative Code your life, erklärt, wie Lehrer und Schulen ganz unkompliziert mit den Klassenstufen vier bis sechs Programmieren üben können und die Pädagogin beschreibt, welche Hilfsmittel dafür notwendig sind.
Code your life
Was ist Code your Life?
Das ist eine Initiative im Rahmen des weltweiten Bildungsprogramms Microsoft YouthSpark und wird vom 21st Century Competence Center im Förderverein für Jugend und Sozialarbeit e.V., kurz 21CCC genannt, umgesetzt. Die Initiative setzt sich dafür ein, dass Kinder Programmieren lernen können. Sie bietet interessierten Pädagogen, Schulen und Jugendeinrichtungen kostenfreies Lehrmaterial an, richtet Programmier-Workshops für 9-12-Jährige aus, lädt zu Coding-Sommercamps ein und schult Lehrer in diesem Bereich.

Über welche Ausstattung muss eine Schule verfügen, wenn sie mit Ihrem Lehrmaterial den Kindern Programmieren anbieten möchte?
Meistens reicht die Standardausstattung einer Schule aus. Das heißt, die Kinder benötigen einen Computer und Internetzugang, um in der Programmierumgebung zu arbeiten. Es muss nicht immer das neueste Notebook sein, aber das genutzte Betriebssystem und der Browser sollten nicht zu alt sein. Programmiert wird dann entweder mit einer App, die man sich herunterladen kann oder direkt im Browser.

Man kann jedoch auch ohne Tablet, PC und Co beginnen und beim Offline Coding zum Beispiel mit den Kindern die Programmierbefehle der Sprache Logo spielend erfassen. Die Kinder programmieren sich in solch einer Übung quasi gegenseitig, was ihnen großen Spaß macht. Beim Offline-Coding lernen Schüler hautnah, wie Programmierparadigmen funktionieren. Dafür benötigen sie lediglich Stift und Papier, oder sie setzen den eigenen Körper ein. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Schüler das Gelernte anschließend am Computer wunderbar übertragen können.

Auf wie viele Stunden ist das Material ausgerichtet?
Das von uns entwickelte Basismaterial, das keine Vorerfahrung bei den Schülern voraussetzt, umfasst fünf Unterrichtseinheiten à 90 Minuten und kann mit zusätzlichen Übungsphasen noch vertieft werden. Wir empfehlen immer, sich ungefähr ein halbes Jahr Zeit zu lassen. Die Schüler sollten zwischen 9 und 12 Jahre alt sein. Programmieren kann in der Grundschule oder in weiterführenden Schulen beispielsweise als AG, angeboten werden.
Welche Vorkenntnisse sollten die Lehrer mitbringen?
Eigentlich keine besonderen. Man sollte nur Spaß und Verständnis im Umgang mit dem Computer mitbringen. Ich empfehle interessierten Lehrern, die einzelnen Programmieraufgaben unseres Basismaterials einmal selber durchzuspielen, bevor sie damit mit den Kindern starten.

Was sollten Lehrer beim Unterrichtsablauf berücksichtigen?
Lassen Sie die Schüler zu zweit an den Aufgaben und am Rechner tüfteln, so dass sie sich gemeinsam an die Lösungen herantasten. Wir empfehlen den Pädagogen, immer mutig zu sein und ergebnisoffene Situationen zuzulassen. Das heißt, geben Sie den Kindern die Lösungswege nicht vor, sondern haben Sie Geduld, und lassen Sie die Kinder einfach einmal probieren. Manchmal haken sie, knobeln richtig herum, aber sie gehen mit viel Spaß und Motivation an die Sache heran, und sind unglaublich stolz darauf, wenn sie eine Aufgabe selbstständig gelöst haben. Das unterstreicht den Spaß der Schulklasse noch einmal mehr.

Wie viele Lehrer bzw. Schulen nehmen an der Initiative teil?
Wir haben von Februar bis Juni 2016 allein über 130 Lehrer aufs Programmieren im Unterricht vorbereitet und mit Material versorgt. Die Anfragen aus dem ganzen Bundesgebiet reißen aber noch immer nicht ab und das Interesse ist sehr groß. Sowohl von Lehrern und Schulen, aber auch von Eltern, Universitäten, IT-Experten und Privatleuten. Das zeigt uns, dass wir einen wichtigen Nerv getroffen haben und es eine ganze Reihe an Engagement gibt, Programmierkompetenzen der Kinder zu fördern.

Wie sehen Ihre nächsten Ziele aus?
Da die Resonanz so positiv ist, möchten wir für das kommende Jahr weiteres Material entwickeln, darunter auch vereinfachte Varianten für Erst- und Zweitklässler. Darüber hinaus wollen wir den Lehrern verstärkt Online Schulungen anbieten.

Zu guter letzt: Wo können Interessierte das Material erhalten?
Alle Informationen findet man hier auf unserer Webseite. Zum einen bekommt man über Praxisberichte einen Einblick in den Alltag von Code your Life, kann selbst kleine Tutorials machen und sich das Code your Life Handbuch inklusive Lehrmaterial herunterladen.
Code your life

Zur Person

Jutta Schneider ist Erziehungswissenschaftlerin und im 21st Century Competence Center Projektleiterin der Initiative Code your Life. Das pädagogische Programmieren hat sie sich während praktischer Anwendungen angeeignet und war sofort begeistert.

„Man muss nicht Informatik studiert haben, um Coding in die Schulen zu bringen. Coding ist kreativ, bunt, vielfältig und es macht Spaß, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Ich liebe die leuchtenden Augen der Kinder, wenn sie ganz stolz eine Aufgabe gemeistert haben.“

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