IT-Ausstattung an Schulen wird besser

Umfrage zur IT-Ausstattung und Medienbildung in Schleswig-Holstein

Die technische Infrastruktur von Schulen sowie der tatsächliche Einsatz von digitalen Medien im Unterricht und Schulalltag ist immer wieder Thema in den Bildungsdebatten. Das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) hat im August im Auftrag des Ministeriums für Schule und Berufsbildung eine landesweite Umfrage zur IT-Ausstattung und Medienbildung der Schulen des norddeutschen Bundeslandes veröffentlicht. Dies ist bereits der zweite Bericht, der sich mit digitaler Bildung an Schulen Schleswig-Holsteins beschäftigt.

Dr. Gesa Ramm ist eine der Autorinnen. Hier zieht die Leiterin der Abteilung Schulentwicklung und IT-Medien eine Bilanz.
Welchen Stellenwert nehmen IT-Ausstattung und Medienbildung an Schulen in Ihrem Bundesland aktuell ein?
Zu einer modernen Bildung gehört heute das Lernen mit digitalen Medien. Die Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein sollen für das Leben in einer digitalen Welt möglichst gut vorbereitet werden. Dazu gehört, den Umgang mit digitalen Medien frühzeitig zu lernen und digitale Medien selbstverständlich und sinnvoll zu nutzen. Die digitalen Techniken eröffnen darüber hinaus den Lehrkräften und den Schulen neue Möglichkeiten des Austausches. Daher ist das Lernen in einer digitalen Gesellschaft ein derzeitiger Schwerpunkt des Bildungsministeriums.

Um das Lernen mit digitalen Medien an den Schulen ganz konkret vor Ort weiter zu entwickeln, wurde 2015 das Projekt „Lernen mit digitalen Medien“ gestartet. In diesem Projekt fördert das Land die Umsetzung von innovativen Konzepten zum systematischen Einsatz der digitalen Medien im alltäglichen Unterricht. Derzeit bilden zwanzig ausgewählte Modellschulen den Kern eines Netzwerkes, die die Weiterentwicklung des Lernens mit digitalen Medien in Schleswig-Holstein zum Ziel haben.
Welche wichtigsten Erkenntnisse ziehen Sie aus Ihrer Umfrage?
Im Vergleich zur Befragung der schleswig-holsteinischen Schulen von 2014 lassen sich einige positive Entwicklungen ausmachen:
die konzeptionelle Einbindung von Medien ist nun an 61 % der Schulen vorhanden oder in Arbeit (vorher 43 %)
der Anteil schneller Internetanschlüsse hat sich von 14,5 % auf 31,6 % mehr als verdoppelt
ein fest installiertes WLAN wird nun an 63 % der Schulen bereitgestellt (vorher 57 %)
der Anteil der Lehrkräfte am technischen Support sinkt von 45 % auf 40 %
der Anteil der Schulen, die Onlinesysteme für Kommunikation, Datenaustausch und Lernorganisation nutzen, ist von 48 % auf 57 % gestiegen
die Endgeräte-Schüler-Relation verbessert sich von 1:8,7 auf 1:8,1
Sehen Sie in den Schulformen besondere Unterschiede, was IT-Ausstattung und Medienbildung anbelangt?
Ja, und aus diesem Grunde haben wir die Auswertung auch im Hinblick auf die Schularten differenziert vorgenommen. Die Inhalte, die Grundschulen, Förderzentren, Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und Berufsbildende Schulen den Schülerinnen und Schülern im Bereich der Medienbildung zu vermitteln haben, unterscheiden sich sehr. Während im Grundschulbereich und an Förderzentren zunächst die Bedienkompetenzen im Vordergrund stehen, sind an den weiterführenden Schulen darüber hinaus der selbstständige reflektierte Umgang mit den Medien und an den berufsbildenden Schulen oft insbesondere berufsspezifische IT-Kompetenzen im Fokus. Dies wirkt sich natürlich auch auf die Erfordernisse der IT-Ausstattung an den Schulen aus.

Während Bedienkompetenzen gut an einheitlichen Schulgeräten vermittelt werden können, ist für den selbstständigen Umgang das BYOD-Konzept (Bring your own device) an weiterführenden Schulen tragfähig. An Förderzentren gibt es z.B. im Bereich der unterstützten Kommunikation für Schülerinnen und Schüler ganz besondere und individuelle technische Möglichkeiten an der Gesellschaft Teilhabe zu erlangen und bestimmte Beeinträchtigungen auszugleichen. Die Berufsbildenden Schulen demgegenüber benötigen eine Ausstattung, die für die Vorbereitung auf das berufliche Handeln erforderlich ist.
Welche Erkenntnisse haben Sie hinsichtlich der Lehrerfortbildung gewonnen und wie bewerten Sie diese Erkenntnisse?
Wir haben die Schulleiterinnen und Schuleiter den Bedarf an Fortbildung in den Bereichen technische Bedienung, Fachdidaktik und informatorischer Grundbildung einschätzen lassen.
Der Bedarf in diesen Bereichen wird von 35 bis 48 % der Befragten als hoch eingeschätzt, von weiteren 46 bis 50 % als mittel. Damit zeigt sich, dass in einem sich stetig entwickelnden Bereich auch stetig Fortbildung erforderlich ist. Neben zahlreichen vom Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig-Holstein angebotenen Fortbildungen setzt hier auch die Netzwerkarbeit im Projekt „Lernen mit digitalen Medien“ an. Ziel ist, dass die Kollegien sich regional und schulartspezifisch austauschen und voneinander lernen.

Lau Pisa-Report müssen sich hierzulande im Schnitt 4,1 Schüler einen Computer teilen. Mit 8,1 Schülern pro Computer liegt das Schleswig-Holsteinische Ergebnis hier fast doppelt so hoch. Ist der Stellenwert digitaler Ausstattung und digitaler Bildung in Deutschland niedriger als in anderen Ländern?
Die Ausstattung der Schulen ist in Schleswig-Holstein Aufgabe der Schulträger. Für gelingende Bildungsprozesse mit Einsatz digitaler Medien müssen die Konzepte der Schulen mit den Möglichkeiten der Schulträger in Einklang gebracht werden. Aber die IT-Ausstattung entscheidet nicht allein über die damit erreichten Kompetenzen im Bereich digitaler Medien. Dies zeigt die ICILS-Studie, mit dem Ergebnis, dass in Deutschland die Häufigkeit der Nutzung von Computern in der Schule in einem negativen Zusammenhang mit dem Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler stand. Daher gilt es bei der konzeptionellen Verankerung digitaler Medien in schulische Lehr- und Lernprozesse den Kompetenzgewinn besonders im Blick zu behalten.

Sollte die kompetente Nutzung moderner Technologien an Schulen als Kulturtechnik angesehen werden?
Auch wenn der Umgang mit digitalen Medien heutzutage eine Voraussetzung für eine Teilhabe in vielen gesellschaftlichen Bereichen ist, bleiben das Rechnen, Schreiben und Lesen eine wesentliche Grundlage, auf deren Basis der Erwerb weiterer Kompetenzen erst ermöglicht wird. Auch wenn IT-Kompetenzen für die gesellschaftliche Teilhabe zukünftig einen enorm großen Stellenwert erlangen werden, würde ich diese und die Nutzung moderner Technologien noch nicht ganz auf eine Stufe mit Lesen, Schreiben und Rechnen stellen.

Welches Level sollten Schulen in beiden Bereichen erlangen, um ihre Schüler fit für ihre Zukunft zu machen?
Ein möglichst hohes. Die Bildungsziele, die in diesem Bereich über Lehrpläne und Fachanforderungen festgeschrieben werden, sind wesentliche Ankerpunkte für den Unterricht. Die derzeit in Entwicklung befindliche Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ befasst sich mit einer Neujustierung in diesem Bereich, denn die Festlegung der zu erreichenden Niveaus in den Bereichen der informationstechnischen Grundbildung und Medienbildung ist Aufgabe der Kultusministerien.

Welche Ansätze sehen Sie hierfür, damit digitale Bildung Einzug hält und sinnbringend eingesetzt wird?
Ansätze zur Entwicklung sind vielfach zu sehen. Knapp gefasst sehe ich es als Aufgabe der Politik bei diesem Thema darauf zu achten, dass alle Mitglieder der Gesellschaft Chancen haben, digital am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und dass rechtliche Grundlagen geklärt werden. Die Schulen sind gefordert, sich gezielt weiter zu entwickeln und dabei didaktisch sinnvolle Konzepte für das Lernen mit und über digitale Medien zu erarbeiten und umzusetzen. Von der Gesellschaft erwarte ich vor allem auch einen kritischen Blick auf den gesamten IT-Bereich, der eine reflektierte Einschätzung der Möglichkeiten und aber auch eine Einschätzung der Gefahren und Probleme ermöglicht, so dass die Entwicklungen in die richtigen Bahnen gelenkt werden können.
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Zur Person

Dr. Gesa Ramm hat an der Christian-Albrechts-Universität Kiel Psychologie mit den Nebenfächern Pädagogik und Philosophie studiert und im Anschluss an der Ruhr-Universität Bochum promoviert. Seit 2006 ist sie für das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) in unterschiedlichen Funktionen, insbesondere im Bereich Evaluation und Schulentwicklung tätig und leitet dort seit 2013 die Abteilung „Schulentwicklung und IT-Medien“.

Darüber hinaus ist die zweifache Mutter seit 2008 Dozentin im Kieler Masterstudiengang „Schulmanagement und Qualitätsentwicklung“ für den Themenbereich „Qualität sichern und entwickeln“.

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