Mit der Schildkröte zum Programmier-Künstler

„Können Schildkröten Kunst?“

Das können sie auf jeden Fall! An der Herman-Nohl-Schule in Berlin-Neukölln hat eine bunt gemischte Lerngruppe der 5. und 6. Klasse mit der Programmierumgebung TurtleCoder gearbeitet und damit selbst gewählte Kunstskizzen nachprogrammiert. Die Schülerinnen und Schüler haben so toll gecodet, dass sie es mit ihrem Projekt „Können Schildkröten Kunst?“ in das Finale des CodingCup 2018 geschafft haben.

Tarek Salha, Vater einer Schülerin an der Herman-Nohl-Schule, hat die Kinder zusammen mit ihrem Lehrer Wolfgang Aust betreut. Im Interview erzählt er, wie die Kinder mit der Turtle gearbeitet haben und wieso Programmieren an der Schule jetzt groß im Kommen ist.

Code your life
Hallo Herr Salha, an der Herman-Nohl-Schule haben Sie als Vater einer Schülerin das Projekt „Können Schildkröten Kunst?“ mitbetreut. Wie ist es zu Ihrer Mitwirkung gekommen?

Mit der Initiative Code your Life bin ich schon früher in Berührung gekommen und hatte mir immer schon vorgenommen, dies selbst einmal zu machen. Ich bin Physiker und arbeite als IT-Unternehmensberater. Neben dem Job ist es da eigentlich immer schwer, so ein Projekt in die Tat umzusetzen. Glücklicherweise engagiert sich meine Firma, die Ceteris AG, aber im sozialen Bereich und da habe ich gefragt, ob ich nicht vielleicht an der Schule meiner Tochter im Rahmen eines Projektes für ein paar Stunden pro Woche freigestellt werden könnte. Und das hat geklappt. Zusammen mit Herrn Aust von der Schule konnte ich so im letzten Sommer starten.

Und wie haben Sie vom CodingCup erfahren?

Die Herman-Nohl-Schule war schon einmal bei einer Veranstaltung von Code your Life dabei und die Begeisterung für das Thema Programmieren war sehr groß. Daher war der CodingCup vorher schon bekannt. Die Schule wollte das Thema Programmieren sowieso weiter in die Breite tragen und in den Unterricht integrieren.

Wie hat sich die Projektgruppe zusammengefunden?

Wir haben einen Piloten zum Thema Programmieren angeboten. Wir haben das als das als Wahlpflichtfach in den regulären Unterricht integriert: Die Schülerinnen und Schüler konnten sich selbst etwas aussuchen, das sie interessiert. Unter Anderem war da das Programmierprojekt dabei.

An der Schule gibt es sogar ein internes Curriculum zum Thema "Programmieren". Wie ist es dazu gekommen?

An der Schule gibt es auch Kollegen und Kolleginnen ohne großen technischen Hintergrund. Der tiefere Zweck von unserem Pilotprojekt ist der, dass wir auch diese Lehrer befähigen wollen, den Kindern das Programmieren beizubringen. Darum haben Herr Aust von der Schule und ich uns angesehen, wie das vielleicht einfach umzusetzen geht und was weniger gut dafür geeignet ist. Mit dem TurtleCoder oder dem Calliope Stern [Calliope mini, Anm. d. Red.] haben wir zwei Möglichkeiten, unser Ziel umzusetzen. Wenn die Materialien gut strukturiert sind, wie mit den Code your Life Handbüchern zum Beispiel, geht das sehr gut. Wir haben geplant, die Lehrkräfte zu schulen, um das Wissen in die Breite zu tragen. Ich habe gesehen, dass es auch eine Minecraft Education Edition gibt. Die Kinder verehren und vergöttern das Spiel zwar, aber das wäre technisch, zumindest aktuell, nicht zu handhaben an unserer Schule.

Warum genau haben Sie sich für die Arbeit mit dem TurtleCoder entschieden?

Die Turtle bietet den Benutzern verschiedene Möglichkeiten und ist besonders gut geeignet für die Vermittlung der Programmier-grundlagen. Aktuell machen wir mit dem Calliope weiter, weil die Kinder es toll finden, die Knöpfe zu programmieren und physisch etwas in der Hand zu halten. Beim Turtle arbeitet man nur am Bildschirm. Dafür merkt man direkt, wenn man einen Fehler beim Programmieren gemacht hat, weil es hier keine zusätzlichen Fehlerquellen gibt.

Haben sich die Schüler und Schülerinnen die Motive und Formen selbst ausgesucht, die sie dann programmiert haben?

Ja, die Motive haben sich die Kinder selbst überlegt. Wir haben in einer Stunde mal komplett den Computer ausgelassen und uns mit Buntstiften und Papier hingesetzt. Sie haben überlegt, was sie umsetzen wollen und was nicht zu schwer ist. Ich bin dann lediglich als Mediator eingeschritten, falls etwas doch zu komplex war. Da konnte ich dann mit meiner Erfahrung beratend zur Seite stehen. Ein paar Kinder wollten zum Beispiel unbedingt Mandalas machen. Sie haben dann beim Programmieren gemerkt, wie völlig anders etwas aussieht, wenn man nur eine Kleinigkeit im Code ändert. Die Kinder wussten also schon vorher, was sie eigentlich machen wollten, beim Programmieren selbst haben sich dann aber noch ein paar Sachen geändert.

Was fiel den Kindern leicht und wo gab es Schwierigkeiten beim Programmieren?

Die Grundlagen für das Programmieren zu schaffen war das größte Problem, weil vielen Kindern der Computer noch ein Mysterium war. Wir sind darum dann ganz spielerisch und langsam rangegangen. Wenn man ihnen alles sehr kontinuierlich mitgibt, dann fällt es ihnen leicht. Dann kann jedes Kind programmieren lernen. Wir haben uns für das Aufbauen der Grundlagen drei Monate Zeit gelassen. Da hatten die Kinder die Möglichkeit, alles gut zu verstehen und anschließend ihre Kunstwerke zu programmieren. Vom Interesse her waren sie beim Thema groß dabei. Nach der ganzen Zeit mit der Turtle haben sie sich dann aber auch auf die Arbeit mit dem Calliope gefreut. Abwechslung zu schaffen ist in der Schule enorm wichtig, um die Neugier der Kinder zu fördern.

Wie geht es jetzt nach dem Pilotprojekt an der Schule weiter?

Mir ist das Thema sehr wichtig und in meinen Augen wird es an Berliner Schulen noch sehr stiefmütterlich behandelt. Wir möchten den Drive vom Coding Cup nutzen, um weiter zu arbeiten. Das alles macht mir sehr viel Spaß. Meine kleine Tochter muss auch schon öfter als Versuchskaninchen herhalten, wenn ich etwas vorbereite. Wie schon erwähnt möchten wir die Lehrer auch entsprechend schulen, damit sie wiederum ihr Wissen an die Schülerinnen und Schüler weitertragen können.

So macht die Schildkröte Kunst!

Im Video zum Projekt "Können Schildkröten Kunst?" sieht man, wie die Kinder mit dem TurtleCoder arbeiten. Durch die Eingabe von Befehlen programmieren sie ihre Schildkröten, die dann die verschiedensten Kunstwerke malen. So entstehen strahlende Sonnen, eine Uhr, bunte Mandalas und sogar eine Weltkugel.

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